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Wie Musik-Streaming-Plattformen die Musikproduktion beeinflussen

14. Okt 2021 | Tech

Jede Generation hat ihren Sound und die technischen Einflüsse auf die Musikproduktion spielen hierbei stets eine entscheidende Rolle

Das Musik-Streaming verändert in einem schleichenden Prozess die Musikproduktion auf eine Art und Weise, die viele vermutlich nicht bemerken.

Wir werfen einen Blick auf die größten Veränderungen, die das Musik-Streaming für die Musikindustrie nach sich zieht.

Streaming – Die natürliche Evolution der Digitalisierung

Musik-Streaming ist mittlerweile die größte Einnahmequelle der Musikindustrie. Die physische CD und der Download von Musikdateien wurden schon vor einigen Jahren überholt. Tendenziell wird sich der Vorsprung in den nächsten Jahren weiter vergrößern und alle konkurrierenden Vertriebsformen scheinen mehr und mehr zu verschwinden oder in die Nische zu rutschen.

Musikindustrie_in_Zahlen

Die deutsche Musikindustrie in Zahlen

Streaming- und web-/cloudbasierte Dienste kommen in den verschiedensten Bereichen zum Einsatz. Dies führt dazu, dass die Nutzer aus einer großen Auswahl an Inhalten wählen können, gleichzeitig diese aber nicht mehr besitzen.

Das Streaming von Musik hat es auf der anderen Seite allerdings in der Theorie jedem Künstler vereinfacht, neue Musik zu veröffentlichen. Das ist erst einmal positiv, führt aber auch dazu, dass der Wettbewerb härter ist als jemals zuvor.

Tatsächlich kommen 99 % aller Streams von den oberen 10 % der Künstler. Das bedeutet, dass neue Künstler, die nicht bereits berühmt sind oder Rückendeckung von einem Major Label haben, um das verbleibende 1 % gegen 90 % aller anderen kämpfen müssen.

Im Tonstudio bedeutet dies, dass die Musiker aus Businesssicht ernster darüber nachdenken müssen, was sie mit ihrer Musik erreichen wollen. Man kann Songs in erster Linie als Kunstwerke kreieren, ohne sie als Geschäft zu betrachten. Die Leute, die ihre Musik gezielt darauf ausrichten, um Geld zu verdienen, haben es in der Welt des Musik-Streamings vermutlich leichter, mehr Zuhörer zu finden.

Wenn man bessere Chancen haben will, auf Streaming-Plattformen zu konkurrieren, sollte man seine Studioproduktion auf das ausrichten, was vermeintlich ein großes Publikum anziehen wird.

Wird die Musikproduktion zunehmend gewinnorientiert ausgerichtet werden?

Künstler werden sich die Frage stellen müssen: Wollen wir Musik um der Musik willen machen, oder möglichst finanziell erfolgreich sein?

Früher, als noch physische Alben verkauft wurden, bekamen die Interpreten einen wesentlichen größeren Anteil für verkaufte Alben. Das ist ein großer Unterschied zur heutigen Streaming-Welt, in der gänzlich anders abgerechnet wird.

Wenn die Hörer einen Song streamen, haben sie in diesem Moment nur das Recht erworben, ihn ein Mal zu anzuhören. Dies kann, solange sie das Streaming-Angebot abonnieren, zwar beliebig wiederholt werden, sie besitzen den Song aber nicht. Der Betrag, der für dieses Recht gezahlt wird, ist verhältnismäßig gering.

Auch wenn der genaue Berechnungsschlüssel für die Vergütung der Künstler variiert und komplex ist, so zeigt eine beispielhafte Erhebung eines unabhängigen Künstlers, dass auf Spotify ein Song rund eine Million Mal gestreamt werden muss, damit ein Künstler 700 Dollar verdient. Jetzt kann man sich leicht ausrechnen, wie oft die Lieder von Musikern gestreamt werden müssen, damit der Lebensunterhalt gewährleistet werden kann. Dies führte dazu, dass immer mehr darüber nachgedacht wird, was die Leute zum Streamen der eigenen Musik animieren kann. Künstlerische Experimente und gegen den Mainstream ausgerichtete Produktionen scheinen weniger zu werden.

Lange Zeit kaufte man Alben und hörte sie von vorne bis hinten durch. Alben sind oftmals ein künstlerisches Gesamtwerk und folgen einem gewissen Schema. Das unterscheidet sie von einzelnen Singles und einer künstlich erstellten Playlist. Nichtsdestoweniger, die Zeit der Musikalben scheint vorüber zu sein. Dies ist ein Symptom der immer erfolgreicheren Musik-Streaming-Plattformen.

Singles und Playlists machten 2018 mehr als 80 % der gehörten Musik aus. Nicht nur das, sondern laut dem Audio Monitor-Bericht 2018 nutzten bereits 2018 fast alle 14- bis 19-Jährigen und 20- bis 29-Jährigen (94 % und 90,5 %) eine Online-Audio-Quelle.“

Musik Streaming

Die Lieder werden kürzer

Die beliebtesten neuen Songs sind kurz und werden immer kürzer. Dies hat Gründe. Je kürzer ein Song ist, desto eher kann der nächste Song gestreamt werden. Die Künstler erhalten den gleichen Betrag für ein gestreamtes Lied, ganz gleich, ob es 90 Sekunden oder 300 Sekunden lang ist.

Nicht nur Songs werden kürzer. Auch Alben werden immer kompakter. Das liegt daran, dass das Musikstreaming die Notwendigkeit von „Füllsongs“ zwischen den Singles überflüssig macht, da das Album ja schließlich nicht mehr gekauft werden muss.

Wenn man sich also ansieht, wie das Streaming von Künstlern die Musikproduktion verändert, sind die Länge der Tracks und die Länge der Alben, auf denen sie erscheinen, auf jeden Fall ein Thema, das die Produzenten beachten.

Das Konzept der Alben stirbt aus

Nicht nur die Länge der Lieder ist heute völlig anders, auch die Art der Lieder, die wir beim Streamen hören, hat sich geändert. Wenn wir also über Veränderungen in der Musikproduktion aufgrund von Streaming reden, müssen wir auch bedenken, dass das Album im Begriff ist auszusterben.

Während früher ein Album eines bestimmten Künstlers oder vielleicht eine Zusammenstellung mehrerer Künstler desselben Genres gehört wurde, streamen die Hörer heute nach dem, was sie gerade tun oder wie sie sich fühlen.

Bei Playlists geht es also nicht mehr nur um Songtitel und Künstlernamen. Bei den Streaming-Anbietern gibt es eine nahezu unzählige Anzahl an Playlists, die auf Stimmungen und Aktivitäten basieren. Fitnessmagazine veröffentlichen Wiedergabelisten für das Training, andere veröffentlichen Wiedergabelisten für Glücksgefühle. Wissenschaftler haben sogar in Zusammenarbeit mit Amazon Music an einer Wiedergabeliste gegen Liebeskummer oder für die perfekte Trainingsmotivation gearbeitet.

Eines ist somit auch klar, die Entscheidung wer auf welcher Playlist landet, entscheidet die Streaming rate von einzelnen Liedern enorm. Transparent für die Nutzer ist dies oftmals nicht und lässt vermuten, dass hier hinter den Kulissen auch viel manipuliert wird/werden kann. 

(Komplexe) Intros werden seltener

Einer der aktuellen Trends im Songwriting ist es, einen Song mit dem Refrain zu beginnen. Was früher eher selten vorkam, kann heute bei vielen Songs beobachtet werden. Laut einer Studie der Ohio State University hat sich die durchschnittliche Länge von instrumentalen Intros der Lieder, von ca. 20 Sekunden auf nur noch fünf Sekunden verringert. 

Der Grund hierfür ist einfach. Viele Nutzer von Streaming-Plattformen neigen dazu, Lieder, die ihnen auf Anhieb nicht gefallen, zu überspringen. Ein Lied gilt erst als „gestreamt“ sobald es für mindestens 30 Sekunden gehört wurde. Es ist für die Künstler sowohl was die Bezahlung als auch die Chartplatzierung angeht wichtig, die Hörer von Beginn an zu überzeugen, um einen Stream generieren zu können. 

Wer also seine Zuhörer in der Anfangsphase des Liedes nervt oder langweilt, läuft Gefahr, den Stream und somit die Einnahmen aus diesem zu verlieren.

Dies führt dazu, dass komplexere Kreationen zu einem Risiko werden, das sich viele einfach nicht leisten wollen. Man kann sich die Frage stellen, ob beispielsweise Bohemian Rhapsody von Queen mit seinem sechsteiligem, stilistisch sehr unterschiedlichem Song in der heutigen Streaming-Welt eine Chance haben würde. Vermutlich eher nicht.

Fazit

Zusammenfassend betrachtet, hat die Musikproduktion durch die neue Musik-Streaming-Industrie enorme Veränderungen erfahren. Von kürzeren Songs über den Niedergang des traditionellen Albums bis hin zu Playlists, die von Dritten oder Algorithmen kuratiert werden und somit auch einen riesigen Einfluss darauf haben, was die Hörer letztlich streamen.

Ist das nun schlecht oder lediglich eine natürliche Evolution? Das wollen wir auch nicht beantworten. Letztlich bleibt es jedem Künstler selbst überlassen, wie viel er sich von Algorithmen, Trends, dem Zeitgeist und der allgemeinen Norm beeinflussen lässt.

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