Alle zwei Jahre ein neues Smartphone – für viele Menschen ist das längst zur Gewohnheit geworden. Die neueste Kamera, ein noch schnellerer Prozessor oder einfach nur das aktuelle Design: Die Gründe für den regelmäßigen Austausch sind vielfältig. Doch die Konsequenzen dieser Wegwerf-Mentalität sind gravierend: Jährlich werden derzeit weltweit zwischen 1,2 und 1,4 Milliarden neue Smartphones produziert. Basierend auf Berichten großer Hersteller und Marktanalysen werden typischerweise etwa 85-95% der produzierten Smartphones auch verkauft. Ca. 60% (nahezu 5 Milliarden) aller Menschen sollen ein Smartphone betreiben.
Was viele nicht wissen: Schon die Herstellung eines einzigen Smartphones verursacht, je nach Quelle, zwischen 50 und 80 Kilogramm CO2. Das mag auf den ersten Blick wenig erscheinen, multipliziert mit der enormen Produktionsmenge ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Die weltweite Smartphone-Produktion ist somit für einen jährlichen CO2-Ausstoß von rund 60 bis 112 Millionen Tonnen verantwortlich – allein durch die Herstellung.
Die Lösung des Problems liegt buchstäblich in unseren Händen: Durch eine längere Nutzung unserer Smartphones könnten wir einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wie groß dieser Beitrag sein könnte und welche Rolle jeder Einzelne dabei spielt, zeigen aktuelle Berechnungen. Die gute Nachricht vorweg: Schon eine Verdoppelung der Nutzungsdauer würde fast die Hälfte der bei der Herstellung anfallenden CO2-Emissionen einsparen.
Höchste Zeit also, einen genaueren Blick darauf zu werfen, wie sich unser Smartphone-Konsumverhalten auf das Klima auswirkt – und wie wir durch eine bewusstere Nutzung einen Unterschied machen können.
Die jährlichen CO2-Emissionen durch den Flugverkehr als Beispiel
Gesamtmenge:
Laut dem Globometer verursacht der weltweite Flugverkehr über 650 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr. Obwohl die Emissionen während der Pandemie stark zurückgingen, haben sie sich mittlerweile wieder erholt und werden vermutlich weiter steigen.
Kurzstreckenflüge:
Diese tragen signifikant zur Gesamtmenge bei, obwohl sie pro Flug weniger CO₂ verursachen als Langstreckenflüge.
Langstreckenflüge:
Ein einzelner Langstreckenflug kann pro Passagier weit über 1.000 kg CO₂ verursachen, was die hohen Emissionen bei massiver Nutzung erklärt.
Weitere Emissionen:
Neben CO₂ stoßen Flugzeuge auch Stickoxide (NOₓ) und andere Treibhausgase aus, die zur Bildung von Ozon beitragen und zusätzliche Erwärmungseffekte verursachen.
Die CO2-Belastung von Flügen können über den CO2-Rechner nachvollzogen werden.
Fazit:
Der weltweite Flugverkehr verursacht je nach Szenario etwa sechs- bis elfmal mehr CO₂-Emissionen als die gesamte Smartphone-Produktion pro Jahr. Dies verdeutlicht die erhebliche Umweltbelastung des Flugverkehrs im Vergleich zur Elektronikproduktion.
Das Einsparpotenzial bei der Herstellung von Smartphones als Szenarioanalyse
Wenn wir über Klimaschutz sprechen, suchen wir oft nach den großen Stellschrauben. Die gute Nachricht: Bei Smartphones kann ein solcher Hebel in einer einfachen Verhaltensänderung liegen – der längeren Nutzung unserer Geräte. Die Zahlen sprechen für sich.
Um die CO2-Einsparung durch längere Smartphone-Nutzung zu berechnen, gehen wir in dieser hypothetischen Beispielrechnung von folgenden Daten aus:
Jährliche Produktion von Smartphones: 1,2 bis 1,4 Milliarden Geräte
CO2-Fußabdruck pro Gerät bei der Herstellung: 70 kg CO2. Ausgehend von den Angaben von Apple – zwischen 64 und 83 CO2-Fußabdruck pro Gerät und Jahr – gehen wir davon aus, dass Apple als großes Unternehmen eher Maßnahmen ergreift, um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren, und da Smartphones immer größer werden, liegt auch der CO2-Fußabdruck der weltweiten Smartphone-Herstellung eher am oberen Ende dieser Skala.
Jährliche CO2-Emissionen durch Nutzung: 1-3 kg CO2 pro Gerät und Jahr.
Wir nehmen den Mittelwert von 1,3 Milliarden produzierten Smartphones pro Jahr und 2 kg CO2-Emissionen pro Jahr durch die Nutzung an. Vereinfachend wird angenommen, dass der Smartphone-Markt „nur“ 1,3 Milliarden Kunden hat. In dieser Beispielrechnung haben alle Konsumenten pro Szenario die gleiche Nutzungsdauer.
Die Szenarien für die unterschiedlichen Nutzungsdauern lauten wie folgt:
Nutzungsdauer 1 Jahr:
Produktion: 1,3 Mrd. * 70 kg = 91 Mio. Tonnen CO2
Nutzung: 1,3 Mrd. * 2 kg = 2,6 Mio. Tonnen CO2
Gesamt: 93,6 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr
Nutzungsdauer 2 Jahre:
Produktion: (1,3 Mrd. / 2) * 70 kg = 45,5 Mio. Tonnen CO2
Nutzung: 1,3 Mrd. * 2 kg = 2,6 Mio. Tonnen CO2
Gesamt: 48,1 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr
Einsparung: 45,5 Mio. Tonnen CO2 (48,61%)
Nutzungsdauer 3 Jahre:
Produktion: (1,3 Mrd. / 3) * 70 kg = 30,3 Mio. Tonnen CO2
Nutzung: 1,3 Mrd. * 2 kg = 2,6 Mio. Tonnen CO2
Gesamt: 32,9 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr
Einsparung: 60,7 Mio. Tonnen CO2 (64,82%)
Nutzungsdauer 4 Jahre:
Produktion: (1,3 Mrd. / 4) * 70 kg = 22,8 Mio. Tonnen CO2
Nutzung: 1,3 Mrd. * 2 kg = 2,6 Mio. Tonnen CO2
Gesamt: 25,4 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr
Einsparung: 68,3 Mio. Tonnen CO2 (72,92%)
Nutzungsdauer 5 Jahre:
Produktion: (1,3 Mrd. / 5) * 70 kg = 18,2 Mio. Tonnen CO2
Nutzung: 1,3 Mrd. * 2 kg = 2,6 Mio. Tonnen CO2
Gesamt: 20,8 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr
Einsparung: 72,8 Mio. Tonnen CO2 (77,78%)
Was bedeuten diese Zahlen konkret?
Die Einsparung von über 72,8 Millionen Tonnen CO2 bei einer Nutzungsdauer von fünf Jahren entspricht:
- So viel CO2 wie:
- 18,2 Millionen normale Autos in einem Jahr ausstoßen
- 6,7 Millionen Deutsche in einem Jahr verursachen
- wenn man 364 Millionen Mal mit dem Auto von Hamburg nach München und zurück fährt
- bei 73 Millionen Flugreisen von Frankfurt nach New York entsteht
- durch 52 Millionen Kühe in einem Jahr produziert wird
Besonders beeindruckend ist der mögliche Rückgang der Produktion: Bei einer Verlängerung der Nutzungsdauer auf fünf Jahre könnten in diesem Szenario 1,04 Milliarden Smartphones weniger pro Jahr produziert werden (Stückzahl: 260 Millionen). Das bedeutet:
- Weniger Elektroschrott (etwa 260.000 Tonnen), weniger Wasserverbrauch (etwa 2,1 Billionen Liter)
- Weniger Rohstoffverbrauch:
- 10.400 Tonnen seltene Erden
- 20.800 Tonnen Kupfer
- 31.200 Tonnen Aluminium
Diese Zahlen zeigen: Die Entscheidung, ein Smartphone länger zu nutzen, ist keine Kleinigkeit, sondern ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz. Schon eine Verdoppelung der Nutzungsdauer von einem auf zwei Jahre würde die CO2-Emissionen fast halbieren – ein bemerkenswerter Effekt für eine relativ einfache Verhaltensänderung.
Wichtig zu wissen: Diese Berechnungen basieren auf der heutigen Produktionstechnik. Mit immer umweltfreundlicheren Herstellungsverfahren und dem verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien könnte der CO2-Fußabdruck pro Gerät in Zukunft sinken. Dennoch bleibt die grundsätzliche Erkenntnis bestehen: Je länger wir unsere Smartphones nutzen, desto besser für das Klima.
Implikationen
Die Verlängerung der Nutzungsdauer von Smartphones ist neben der Wahl des Transportmittels eine der effektivsten Möglichkeiten, den persönlichen CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Viele Nutzer sind jedoch unsicher, wie sie die Lebensdauer ihrer Geräte in der Praxis verlängern können. Mit den richtigen Strategien lässt sich die Nutzungsdauer jedoch deutlich ausdehnen.
Eine der wichtigsten Komponenten für die Langlebigkeit eines Smartphones ist der Akku. Seine Kapazität nimmt mit der Zeit naturgemäß ab, doch durch richtiges Laden lässt sich dieser Prozess deutlich verlangsamen. Ideal ist es, den Akku zwischen 20 und 80 Prozent geladen zu halten und eine vollständige Entladung zu vermeiden. Auch Hitze schadet dem Akku – das Smartphone sollte daher nicht in der prallen Sonne liegen.
Auch der physische Schutz spielt eine wichtige Rolle. Ein hochwertiges Displayschutzglas und eine robuste Hülle sind keine übertriebene Vorsicht, sondern eine sinnvolle Investition in die Langlebigkeit. Displayschäden sind nach wie vor einer der häufigsten Gründe für Neuanschaffungen – dabei lassen sich die meisten Schäden durch geeignete Schutzmaßnahmen vermeiden.
Sollte doch einmal etwas kaputt gehen, ist eine Reparatur meist die umweltfreundlichere und oft auch kostengünstigere Alternative zum Neukauf. Insbesondere der Austausch der Batterie nach zwei bis drei Jahren kann die Nutzungsdauer erheblich verlängern. Wichtig ist dabei, auf qualifizierte Werkstätten und qualitativ hochwertige Ersatzteile zu setzen. Die Investition in eine fachgerechte Reparatur zahlt sich durch die verlängerte Nutzungsdauer meist mehrfach aus.
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Ein wichtiger Schritt wäre auch die Einführung eines „Rechts auf Reparatur“ (Right to Repair), das Hersteller verpflichtet, Geräte reparaturfreundlich zu gestalten, und Verbrauchern den Zugang zu Ersatzteilen und Reparaturanleitungen garantiert. Eine weitere Option wäre ein Pfandsystem für Smartphones, ähnlich dem für Flaschen, um Anreize für die Rückgabe und das Recycling von Altgeräten zu schaffen. Eine Verpflichtung der Hersteller zum kostenlosen oder kostengünstigen Austausch von Akkus könnte die Nutzungsdauer von Smartphones deutlich verlängern, da schwache Akkus einer der Hauptgründe für vorzeitige Neuanschaffungen sind.
Bereits beim Kauf eines neuen Smartphones kann der Grundstein für eine lange Nutzungsdauer gelegt werden. Wichtige Kriterien sind dabei die Reparierbarkeit des Gerätes und die Dauer der zugesicherten Software-Updates. Einige Hersteller bieten mittlerweile über fünf Jahre Update-Garantie – ein wichtiger Aspekt für die langfristige Nutzbarkeit.
Die vielleicht größte Herausforderung liegt in unseren eigenen Nutzungsgewohnheiten. Das Marketing der Hersteller und der Telekommunikationsanbieter suggeriert, dass wir alle zwei Jahre ein neues Smartphone brauchen. Die Realität sieht jedoch anders aus: Die meisten Geräte sind auch nach drei oder vier Jahren noch völlig ausreichend für den täglichen Gebrauch. Neue Funktionen sind oft nur marginale Verbesserungen, die den ökologischen Preis einer Neuanschaffung nicht rechtfertigen.
Hat ein Smartphone schließlich ausgedient, ist die fachgerechte Entsorgung wichtig. Altgeräte sollten nicht in der Schublade verschwinden, sondern dem Recycling zugeführt werden. Noch besser ist es, funktionsfähige Altgeräte weiterzuverkaufen oder zu verschenken – das verlängert die Nutzungsdauer zusätzlich.
Fazit
Der Vergleich mit dem Flugverkehr zeigt eindrucksvoll: Die CO2-Emissionen der Smartphone-Produktion sind ein unterschätzter Faktor im Kampf gegen den Klimawandel. Mit bis zu 112 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr hat die weltweite Smartphone-Produktion eine beachtliche Größenordnung mit großen Auswirkungen auf die Umwelt.
Die gute Nachricht: Anders als bei vielen anderen Klimaschutzmaßnahmen liegt die Lösung buchstäblich in unserer Hand. Würden wir die Nutzungsdauer von Smartphones auf mehrere Jahre verlängern, könnten wir die damit verbundenen CO2-Emissionen deutlich reduzieren.
Mit der richtigen Pflege, einem bewussten Konsumverhalten und der Bereitschaft zu reparieren statt neu zu kaufen, kann jeder Einzelne einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit leisten. Die Devise lautet: Weniger wegwerfen, länger nutzen. Eine einfache Verhaltensänderung mit großer Wirkung für unsere Umwelt.
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