PYNGU MAGAZIN

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Warum der Firefox Browser nicht perfekt ist, wir ihn aber dennoch brauchen

1. Mai 2021 | Privacy

Der Webbrowser Firefox wurde im Jahr 2002 von dem damals frisch gegründeten „Mozilla-Projekt“ vorgestellt. Das Programm baute auf dem Quellcode von Netscape auf, den der Anbieter im Jahr 1998 aufgrund des verlorenen „ersten Browserkriegs“ gegen Microsoft veröffentlicht hatte. Das Ziel war es, eine Alternative zum Quasi-Monopolisten Internet Explorer zu entwickeln.

Microsoft als Gatekeeper des Internets um die Jahrtausendwende

Microsoft hatte in mehreren Bereichen Monopole aufgebaut. Die meisten Computer nutzten Microsoft Betriebssysteme, die Microsoft Office Suite und den angesprochenen integrierten Webbrowser Internet Explorer. In der Folge sank jedoch die Qualität des Programms stetig, was sich auch insbesondere durch Sicherheitslücken bemerkbar machte. Ohne Konkurrenz hatte man seinerzeit auch wenig Ansporn, große Ressourcen in die Weiterentwicklung oder Instandhaltung zu stecken.

Heterogene Browserlandschaft

Da Microsoft in den folgenden Jahren, auch durch Regulierungen, beständig Marktanteile einbüßen musste und weitere Anbieter Webbrowser auf den Markt brachten, befanden wir uns zwischen den Jahren 2010-2015 in der Situation, dass kein Browser einen alleinigen Marktanteil von über 50% hatte.

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Der Wandel von einer heterogenen zu einer homogenen Browserlandschaft

Quelle: Statista

Die Situation hat sich mittlerweile wieder geändert. Chrome, der Browser von Google, führt mittlerweile recht komfortabel das Feld der Browsernutzung weltweit an.

Unterschiedliche Architekturen

Derzeit teilt sich der Markt in drei verschiedene HTML-Renderer (auch Browser-Engine genannt), die aktiv weiterentwickelt werden, auf.

  • Gecko (u.a. Mozilla Firefox, Tor Browser, SeaMonkey)
  • Webkit (u.a. Apple Safari sowie alle Browser unter iOS)
  • Blink (alle auf Chromium-basierenden Webbrowser wie u.a. Google Chrome, Opera, Vivaldi, Brave etc.)

Microsoft hat seinen HTML-Renderer „EdgeHTML“ für seinen Browser Edge mittlerweile aufgegeben und nutzt wie die meisten anderen Mitbewerber nun die Code-Basis von Chromium.

Eine Monokultur ist am Entstehen

Auf Desktop-Umgebungen scheint sich das Netz mehr und mehr auf eine Monokultur in Richtung Chromium-basierende Browser hinzubewegen. Bis auf Apples Safari und eben Mozillas Firefox sind alle größeren Browser abhängig von dem Chromium Unterbau, der zwar quelloffen ist, aber über den Google seine Hand hält. Für die Nutzer wäre allerdings eine Balance aus ebenbürtigen Konkurrenten wichtig, um zukünftig nicht der Willkür und Interessen einiger weniger Entscheidungsträger ausgeliefert zu sein.

Was passiert, wenn die Entwicklung von Firefox eingestellt wird?

Sollte Mozilla, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr in der Lage sein den Firefox Browser weiterzuentwickeln, wäre das vermutlich auch das Ende für den Gecko HTML-Renderer. Zwar ist dieser Open Source und kann somit von jedem geforkt und weiter betrieben werden, der Aufwand eine wettbewerbsfähige Browser-Engine Instand zu halten sollte jedoch nicht unterschätzt werden.

Webseitenentwickler legen darauf Wert, dass ihre Seiten auf den drei gängigen Architekturen laufen. Dies könnte sich aber schlagartig ändern, wenn kein großer Name mehr hinter der Weiterentwicklung von Gecko stehen würde. Sollte Gecko dann vermehrt Kompatibilitätsprobleme bekommen, würde wohl auch die User-Base weiter sinken. Ein Teufelskreis. Der Niedergang von Gecko würde auch direkt den TOR-Browser, der ebenfalls auf Gecko basiert, betreffen. Auf diesen sind weltweit viele Menschen (Aktivisten, Oppositionelle, Journalisten etc.) angewiesen, um staatliche Zensur oder Verfolgung umgehen zu können.

Letztlich würden wir uns in einer digitalen Umwelt wieder finden, die wir bereits von den Smartphone Betriebssystemen kennen. Wir hätten ein wahres Duopol bei den HTML-Renderern.

Das unter Googles Aufsicht weiterentwickelte Blink, welches auch dritten Herstellern zur Verfügung steht. Und WebKit, hauptsächlich bekannt aus Apples Ökosystem. Wenn dies erstmal eingetroffen ist, scheint es derzeit nahezu unmöglich zu sein, dass irgendwann ein neuer Player in den Markt kommen kann, da man auf die Hilfe der Webentwickler angewiesen wäre und diese einem kleinen neuen Projekt wohl eher wenig Beachtung schenken würden, da der Markt einfach nicht lukrativ genug erscheint.

Die Probleme von Firefox

Das Problem von Firefox ist, dass sie mehr und mehr auf ihre technikaffinen Nutzer angewiesen sind, da in den letzten Jahren viele Mainstream-Nutzer zur Konkurrenz abgewandert sind. Erschwerend kommt hinzu, dass sie buchstäblich am Tropf von Google hängen. Man könnte auch sagen,

„Google hält Mozilla künstlich am Leben“

denn 75-95% seiner Einnahmen erhält Mozilla von Google dafür, dass Google die standardmäßig eingestellte Suchmaschine ist. Zwischen 400-450 Millionen US-Dollar soll Mozilla hierfür jährlich erhalten. Dieser Preis scheint lächerlich klein, wenn man bedenkt, dass Apple für ihren Safari Browser von Google jährlich 8 bis 12 Milliarden Dollar einstreichen soll. Das entspricht 14 bis 21 Prozent des Jahresumsatzes von Apple. Man kann sich vorstellen, wie wertvoll die Daten für Google sein müssen. Safari hat einen beträchtlichen Browser-Marktanteil bei den Smartphone-Betriebssystemen.

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Google als Lebensversicherung von Mozilla

Jetzt kann man sich die Frage stellen: Warum hilft Google einem strauchelnden Firefox Browser? Diese Frage kann eigentlich leicht beantwortet werden. Google hat vom ersten Browserkrieg und der damit verbundenen Regulierung Microsofts gelernt. Wenn die Aufsichtsbehörden bezüglich einer potenziellen Monopolstellung des Chrome Browsers vor der Türe stehen sollten, hätte man hier ein starkes Argument, schließlich sei man ja die Lebensversicherung der Konkurrenz.

Ein weiterer Kritikpunkt der technikaffinen, größten Zielgruppe von Firefox ist, dass der Browser mitnichten das Datenschutzkonzept „Privacy-by-Default“ befolgt. Neben der von Google bezahlten Voreinstellungen (Standardsuchmaschine und Google Safe Browsing) sind auch weitere Grundeinstellungen nicht optimal gesetzt, um den höchstmöglichen Datenschutz und die bestmögliche Datensicherheit zu gewährleisten.

Warum also trotz dem Firefox nutzen?

Also warum sollte man denn dann eigentlich überhaupt Firefox nutzen?

Wie beschrieben sollten wir uns hüten beim Thema Webbrowser in ein weiteres Duopol der amerikanischen Tech-Giganten zu rutschen. All das, was jetzt im Moment angenehmer erscheint, kann irgendwann gegen uns verwendet werden, wenn keine Konkurrenz mehr besteht. Google beispielsweise könnte Browser-Add-Ons für künftige chromiumbasierte Browser ausschließen, die nicht zu ihren Geschäftsmodellen (Werbe-Tracking) passen. Anzeichen hierfür gibt es schon. Außerdem arbeitet Google mit seiner neuen Web-Tracking-Technologie “Federated Learning of Cohorts (FLoC)“ daran, das Tracking direkt in den Browser zu verlegen.

Der beliebte Adblocker mit Filtersyntax “UBlock Origin“ kann die neue Trackingmasche der Werbeindustrie “CNAME Cloaking“ vermeiden. Dies gilt derzeit allerdings nicht für Browser, die auf Chromium basieren. Hier zeigen die neuen API-Einschränkungen von Google das erste Mal eine echte datenschutzrechtliche Einschränkung und gewähren uns einen ersten Blick, wohin die Reise noch gehen könnte. 

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Empfehlung und Konfigurationshilfen via privacytools.io

Auch wenn der Firefox Browser in den Grundeinstellungen Mängel aufweist, so ist er doch höchst konfigurierbar. Fortgeschrittene können sich bei privacytools.io ein paar Tipps für erweiterte Einstellungen in „about:config“ holen. Mit einer guten Konfiguration kann man vermutlich keinen besseren Browser finden. Ein richtig gut eingestellter Firefox dürfte auch in Sachen Usability einen Vorteil vor der Konkurrenz haben. Wenn nicht alles im Hintergrund lädt und von Haus aus nur das Nötigste an Cookies und Skripten geladen wird, macht sich das auch bei der Performance bemerkbar. Ganz zu schweigen von der Optik.

Wie geht es weiter?

Die Marktanteile scheinen erst einmal weiter zu sinken. Jedoch sollte man die Statistiken mit Vorsicht genießen. Diese Statistiken werden zumeist aus Daten generiert, die ähnlich wie andere Trackingmechanismen nur funktionieren, wenn die Nutzer keine Blocker installiert haben oder auf andere Weise versuchen, die Computereinstellungen (Browser, Betriebssystem, MAC-Adresse etc.) zu verschleiern. Da man davon ausgehen kann, dass der Anteil an technikaffinen Nutzer prozentual bei Firefox wesentlich höher ist als zum Beispiel bei Chrome, dürfte in der Realität der Firefox Marktanteil weitaus höher liegen als bei global zwischen 7% – 8%. Dasselbe sollte übrigens auch für den Marktanteil von Linux bei den Betriebssystemen gelten.

Firefox versucht durch weitere Dienstleistungen wie beispielsweise die persönliche Online-Bibliothek „Pocket“ oder einen integrierten VPN-Service Nutzer dazuzugewinnen. Dies dürfte allerdings schwierig werden, da viele der überzeugten Anhängerschaft den Browser aufgrund seiner Flexibilität und seiner vermeintlichen Unabhängigkeit in Bezug auf die Entwicklung des HTML-Renderers schätzen.

Firefox Familie

Quelle: mozilla.org

Mozilla dürfte also gut beraten sein, den Fokus in erster Linie auf seine Versprechung: „Der Browser, der das schützt, was dir wichtig ist.“ zu legen und abzuwarten, was Google mit Blink/Chromium in Zukunft anstellt. Sollten hier weitere Einschränkungen, insbesondere bei den Add-Ons oder Privacy-Einstellungen, eingeführt werden, könnte sich das Momentum wieder in die andere Richtung drehen. Facebook und Whatsapp lassen grüßen. Dann hätten alle Browser, die auf Blink setzen, das Problem einen Workaround finden zu müssen, wenn dies dann überhaupt noch möglich ist.

Fazit

Wir bei Pyngu Digital glauben, dass der Firefox Browser, auch wenn nicht perfekt, trotzdem der beste Standardbrowser ist und die Gecko-Engine einen Teil dazu beiträgt, dass wir nicht noch mehr der Willkür von Big-Tech Unternehmen ausgesetzt werden.

Insbesondere Webentwickler müssen natürlich darauf achten, dass ihre Programme auf allen verbreiteten HTML-Renderern funktionieren und generell ist es auch zu Empfehlen sich bei der Browsernutzung breiter aufzustellen und nicht nur stur immer ein Programm zu verwenden. Wer einen auf Chromium basierenden Blink-Browser braucht, sollte, jedenfalls wenn er auf Datenschutz Wert legt, nicht den Google Chrome Browser verwenden. Als Alternative kann der schlankere Chromium Browser, am besten gleich ohne Google Integration (ungoogled), verwendet werden. Wer bessere Voreinstellungen haben will, kann sich auch bei Brave oder Vivaldi umschauen.

Wir nutzen für unsere Entwicklungsarbeiten:

  • Mozilla Firefox
  • Apple Safari
  • Chromium (ungoogled)

Jeder dieser Browser wurde jedoch in den Einstellungen so konfiguriert, dass wir unsere tägliche Arbeit mit einem guten Gefühl ausführen können.

Pyngu Digital

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