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Die Schattenseiten von personalisierter Online-Werbung

7. Sep 2022 | Privacy

Das heute auf dem Markt vorherrschende Modell der Online-Werbung ist die auf das Onlineverhalten basierende Werbung, bei der Anzeigen auf der Grundlage persönlicher Daten, die von der Webseite und den Ad-Tech-Partnern, mit denen diese zusammenarbeiten, bereitgestellt werden. Von der Art und Weise, wie es in die persönliche Privatsphäre eindringt, bis hin, wie es Desinformation streuen kann, ist dies eine besorgniserregende Entwicklung der letzten gut zwanzig Jahre.

Nur zwei Unternehmen, namentlich Google (Alphabet) und Facebook (Meta), haben es geschafft, den Großteil dieses neuen Marktes zu besetzen.

Alphabet, die Muttergesellschaft von Google und YouTube, erwirtschaftete 2021 fast 210 Mrd. USD, alleine aus Werbeanzeigen im Internet. Im gleichen Zeitraum erwirtschaftete Meta fast 115 Mrd. USD aus Online-Werbung. Der Anteil von Werbeeinnahmen beim Gesamtumsatz liegt bei Alphabet trotz des Cloud-Geschäfts und einiger Hardware-Angebote bei knapp über 80 Prozent. Bei Meta sind es laut dem letzten Earnings Report sogar 97,5 Prozent.

Die drei Hauptkategorien der Online-Werbung

Suchwerbung

Hierbei handelt es sich um eine Marketingtechnik, bei der Online-Anzeigen in den Ergebnissen von Suchmaschinen platziert werden. Anfangs waren bezahlte Ergebnisse nur schwer von organischen Ergebnissen zu unterscheiden. Mittlerweile haben die großen Suchmaschinen in den letzten Jahren aus Transparenzgründen Schritte unternommen, um zu verdeutlichen, wo ein Suchergebnis bezahlt wurde.

Die Unternehmen, die diese Form der Online-Werbung nutzen, zahlen im Rahmen eines „Pay-per-Click“-Modells jedes Mal eine kleine Gebühr, wenn jemand auf eine ihrer Anzeigen klickt. Derzeit dominiert Google den globalen Suchmarkt und erzielt den mit Abstand größten Teil aller Einnahmen aus der Suchmaschinenwerbung.

Rubrikanzeigen

Hier zahlen die Inserenten an die Anbieter der kostenpflichtigen Inserate. Diese Kleinanzeigen werden häufig von Organisationen oder Personen genutzt, die Stellenangebote veröffentlichen, ein Auto oder eine Immobilie verkaufen oder für ihre Dienstleistungen werben wollen. Prominente Beispiele sind kostenpflichtige Inserate auf Webseiten wie Gelbe Seiten, Das Örtliche, ImmobilienScout24 oder mobile.de.

Display-Werbung

Dann gibt es noch die einfache Display-Werbung. Dabei handelt es sich um statische oder auch Video-Anzeigen, die neben dem Inhalt ausgestrahlt werden, den ein Nutzer gerade betrachtet. Facebook erwirtschaftet den größten Teil seiner Werbeeinnahmen mit dieser Form der Werbung. Neben den „Walled Gardens“, die von Facebook und anderen betrieben werden, gibt es noch weitere „offene Display-Märkte“, auf dem Verlage, wie z. B. Online-Zeitungen, in Echtzeit um den Verkauf von Werbeinventar an Werbekunden konkurrieren.

Verhaltensbasierte und personalisierte Werbung ist im Internet mittlerweile die Regel

Um sicherzustellen, dass die Werbung denjenigen angezeigt wird, die potenziell ein gewisses Interesse an dem Produkt oder der Dienstleistung haben, wurde vor Jahren bereits ein ausgeklügeltes System entwickelt, das eine massive Datenerfassung und die Erstellung von Profilen von Milliarden von Internetnutzern umfasst.

Aber wie genau läuft auf das Verhalten basierende Werbung ab?

Wenn man auf eine Webseite klickt, die Platz für Display-Anzeigen bietet, wird die Seite anfangs nicht mit Anzeigen vorgeladen. Während des Klicks, ermittelt die Webseite, die Anzahl der zu verkaufenden Werbeplätze und beginnt, eine „Gebotsanfrage“ zu erstellen, um die Werbeplätze zu verkaufen.

Um diese Angebotsanfrage zu erstellen, sammelt die Webseite so viele Informationen über den Besucher wie möglich. Dazu gehören persönliche Informationen von früheren Besuchen sowie Daten, aus anderen Quellen, wie z. B. Cookies und andere von Trackingnetzwerken gekaufte Profildaten, die ein detailliertes Profil des Nutzers bilden.

Eine Standardangebotsanfrage kann unter anderem folgende Daten enthalten:

  • Eine „eindeutige“ Benutzer-ID
  • Die URL
  • Das Geburtsjahr
  • Das Geschlecht
  • Den Standort
  • Die IP-Adresse
  • Den Browser und Device Fingerprint
  • Die Interessen oder Segmente, wie in etwa die Einordnung in ein gewisses Milieu, die aus bereits erfassten und analysierten Daten abgeleitet wurden
  • Weitere hergeleitete Daten auf der Grundlage eines Accounts, sofern vorhanden

 

Smartphone Maps

Standortdaten können durch das Smartphone von Werbetreibenden für personalisierte Werbung verwendet werden. Hierbei können sowohl Navigationssatellitensysteme (GPS, Galileo etc.) als auch WLAN- und Bluetooth-Signale zum Einsatz kommen.

Die in der Gebotsanfrage enthaltenen Informationen werden dann von nachfrageseitigen Plattformen, die für Werbetreibende arbeiten, verwendet, um zu entscheiden, ob und wie viel sie in einer Auktion für das Recht, dem Besucher eine bestimmte Anzeige zu zeigen, bieten sollen.

Der Bieter, der den Zuschlag erhält, darf die Anzeige auf der von dem Nutzer angesteuerten Seite platzieren und behält eine Kopie der Daten aus der Gebotsanfrage.

Der gesamte Prozess ist von Anfang bis Ende automatisiert, wobei Computer die Gebotsanfragen zusammenstellen und KI-Systeme den Wert einer Anzeige für die in der Gebotsanfrage genannte Person analysieren. All dies dauert in der Regel nur einen winzigen Bruchteil einer Sekunde.

Die Kollateralschäden von personalisierter Werbung im Internet

1. Eingeschränkter Wettbewerb

Durch die große Marktmacht von Google (Alphabet) und Facebook (Meta) kommt es unweigerlich zu Problemen, da der Wettbewerb schlicht und einfach fehlt oder nicht konkurrenzfähig ist.

Der fehlende Wettbewerb kann in der Folge die Innovation und die Entwicklung neuer Dienste für die Verbraucher hemmen, da die großen Player keinen Innovationsdruck verspüren.
Zudem kann der fehlende Wettbewerb dazu führen, dass die Preise höher sind, als sie es auf einem wettbewerbsfähigeren Markt wären.

Letztlich haben die eingeschränkte Auswahl und der Wettbewerb auch zur Folge, dass die Menschen weniger in der Lage sind, zu kontrollieren, wie ihre persönlichen Daten verwendet werden. Für viele bedeutet dies, dass sie den Plattformen mehr persönliche Daten zur Verfügung stellen müssen, als ihnen vielleicht lieb ist. Welches (mittelgroße) Unternehmen kann es sich heutzutage schon leisten, auf Werbung in der allmächtigen Google Suchmaschine zu verzichten?

2. Mikrotargeting als Datenschleuder, ist eine Gefahr für die Privatsphäre

Mikrotargeting wird bei datengesteuerten Werbemodellen dazu genutzt, Einzelpersonen oder kleine Gruppen zu identifizieren und sie mit spezifischen, auf sie zugeschnittenen Botschaften anzusprechen.

Sinus_Milieus

Mikrotargeting kann dazu eingesetzt werden, um zielgruppenspezifische Werbung zu schalten. Hierbei wird sich durch die Werbenden ein geringer Streuverlust erhofft. (Eine beispielhafte Einteilung in Zielgruppen durch das Gesellschaftsmodell „Sinus-Milieus“)

SINUS-Institut via Wikipedia

Damit Mikrotargeting effektiv sein kann, müssen in großem Umfang Daten gesammelt und mit Daten kombiniert werden, die von anderen Stellen gesammelt und gekauft wurden. Daraus können dann beispielsweise sensible politische Präferenzen und Interessen abgeleitet werden. Der Bedarf an diesen Daten bedroht nicht nur die Persönlichkeitsrechte, sondern schafft auch Datenbanken mit sensiblen Informationen, die wertvolle Ziele für Geheimdienste oder Hacker sein können.

Neben der gezielten Ansprache kann Mikrotargeting aber auch dazu verwendet werden, Menschen von Nachrichten auszuschließen, auf die sie in einer Demokratie eigentlich ein Recht haben.

3. Anstieg von Desinformation und Betrug

Desinformation gibt es, solange es Medien gibt. Auch das Internet kennt diese Form seit den ersten Tagen des World Wide Web. Personalisierte Werbung hat es denjenigen, die solche Informationen veröffentlichen, ermöglicht, ihre Inhalte in einer noch nie dagewesenen Weise zu monetarisieren. Denn die Werbetreibenden und ihre nachfrageseitigen Ad-Tech-Partner sind nun in der Lage, Einzelpersonen oder Personen mit bestimmten Merkmalen zu verfolgen, während sie im Internet surfen.

Es überrascht somit nicht, dass es billiger sein kann, auf Desinformations- oder Clickbait-Seiten zu werben als auf seriösen Seiten. Dies kann dazu führen, dass Werbegelder von einigen der größten Marken der Welt extremistische und Fake-News-Inhalte unterstützen.

Klickbetrug ist ein weiteres großes Problem in der Online-Werbung. Dies ist eine mittlerweile weit verbreitete Praxis, bei der Bots und automatisierte Skripte sowie gelegentlich eine Armada von bezahlten Menschen in Entwicklungsländern eingesetzt werden, um auf Werbeanzeigen zu klicken. Dies führt dazu, dass die Werbung scheinbar „funktioniert“ auch wenn das letztlich nur im Targeting-Bericht der Fall ist.

Fazit

Kontextbezogene Werbung ist eine Form der Online-Werbung, bei der die Privatsphäre in hohem Maße gewahrt werden kann und die es schon länger gibt als personalisierte Werbung. Das Grundprinzip der kontextbezogenen Werbung besteht darin, die Nutzer auf der Grundlage des Kontexts der Inhalte, mit denen sie sich befassen, und nicht auf der Grundlage persönlicher Daten über sie zu erreichen.

Einige sind der Meinung, dass wir durch schärfere Gesetze und das Bewusstsein der Gesellschaft, die unzähligen Probleme der personalisierten Werbung zu erkennen, wieder einen Anstieg von kontextbezogener Werbung in Zukunft sehen werden.

Das bedeutet aber nicht, dass personalisierte Werbung in naher Zukunft verschwinden wird. Der Datenschatz und was damit gemacht werden kann, scheint für die Big Tech Unternehmen zu wertvoll zu sein. Andere Player, wie Regierungen und Geheimdienste, sind dem riesigen Pool an personenbezogenen Daten vermutlich auch nicht abgeneigt.

Ein vollständiges Verbot der Verwendung personenbezogener Daten in der Online-Werbung hätte viele Vorteile für den Einzelnen und auch für die Gesellschaft als Ganzes. Diese hypothetische Zukunft ist jedoch nur mit strikten und vor allem auch durchgesetzten Rechtsvorschriften erreichbar.

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