Was sind überhaupt Phablets?
Phablet ist ein Kofferwort, welches aus den englischen Begriffen Phone und Tablet zusammengesetzt wird. Im Allgemeinen wurde angefangen von Phablets zu reden als im Jahr 2011 mit dem Samsung Galaxy Note ein für damalige Verhältnisse riesiges Smartphone mit 5,3 Zoll Bildschirmdiagonale vorgestellt wurde. Die meisten definierten damals die Bildschirmgröße, ab der ein Smartphone als Phablet gilt, mit 5 Zoll. Das dürfte sich heutzutage geändert haben. Das Design aktueller Smartphones hat sich, was die Größe angeht, seitdem fundamental verändert.
Viele stellen sich aber die Frage: Warum gibt es keine kompakten Smartphones mehr?
„Galaxy Note: Big Screen, Big Phone“ – Im Jahr 2011 als riesiges Phablet teils belächelt, würde es heutzutage als Ultra-Kompakt durchgehen
When we heard that two of the US variants of the Galaxy S II would feature 4.5″ displays, we groaned. Super-sized displays make for huge form factors that can get comical before they get useful.[…] At 5.3″ this is the largest display on a phone device
AnandTech, 1. September 2011
Der aktuelle Stand der Dinge
Smartphones werden immer größer. Jahr für Jahr steigt die durchschnittliche Bildschirmgröße bei den verkauften Einheiten. Die in den letzten Jahren kleiner gewordenen Displayränder sorgen seit langem nicht mehr dafür, dass zumindest das Gehäuse in seinen Ausmaßen gleich bleibt.
Laut einer Statistik, die sich hinter einer Statista-Paywall befindet, waren im Jahr 2017 nur 16,4% aller AMOLED Smartphones größer als 6 Zoll und nahezu kein Anbieter hatte ein Gerät über 6,5 Zoll im Angebot. Bis zum Jahr 2022 hat sich diese Zahl komplett umgedreht:
5,5 – 5,99 Zoll = 11,6%
6 – 6,43 Zoll = 54,6%
6,46 – 7,2 Zoll = 17,1%
> 7,2 Zoll = 16,3%
Auch wenn diese Statistik nicht hundertprozentig verifiziert werden kann, so scheint die Tendenz offensichtlich, wenn man sich den Smartphone-Markt anschaut.
Bis auf ASUS (Zenfone 9, 5,92 Zoll) und Apple (iPhone mini, 5,4 Zoll / iPhone SE 4,7 Zoll) bieten keine Hersteller Smartphones mit aktuellen Chips unter 6 Zoll Bildschirmgröße mehr an. Da Apple das iPhone mini dieses Jahr nicht aktualisiert hat und die 4. Generation des iPhone SE vermutlich auch einen größeren Formfaktor erhalten wird, sind moderne <6 Zoll Smartphones akut vom Aussterben bedroht.
Die Gründe für die Marktdurchdringung von Phablets
Es gibt gleich mehrere Gründe, warum Phablets mittlerweile die Norm sind. Im Folgenden werden die offensichtlichsten vorgestellt.
Die tägliche Smartphone-Nutzungszeit nimmt weiter zu
Laut einer repräsentativen Studie der Postbank nutzen die unter 40-Jährigen ihr Smartphone durchschnittlich 31,8 Stunden die Woche. Tendenz steigend. Insgesamt ist das Smartphone das beliebteste Gerät wenn es um das Surfen im Internet geht. Somit ist es nicht verwunderlich, dass viele Nutzer große Displays bevorzugen, um mehr Inhalte sehen oder besser Spiele spielen zu können.
Für viele ist das Smartphone der wichtigste oder gar einzige Computer
Insbesondere in Entwicklungsländern war das Smartphone das Tor zum Internet. Seit der weltweiten Marktdurchdringung der Smartphones können weitaus mehr Menschen das Internet nutzen. Aber auch in den Industrieländern lässt sich ein Trend erkennen, dass für viele das Smartphone mittlerweile der Hauptcomputer ist. Klassische Desktops oder Notebooks werden oftmals nur noch für Spezialtätigkeiten verwendet.
Größere Gehäuse können leichter mit größeren Akkus und besseren Kameras ausgestattet werden
Smartphones sollen heute alles können. Dazu zählen auch Fotos auf Digitalkamera-Niveau. Die Kameralinsen nehmen somit einen immer größer werdenden Teil des Smartphones ein. Das wiederum hat auch einen Einfluss auf die Akkus, die möglichst lange mit einer Ladung das Gerät betreiben sollen. Hier scheinen kleine Smartphones mehr und mehr ins Hintertreffen zu geraten. Die Hersteller wollen sich, wie es aussieht, nicht daran versuchen, viel Leistung in ein möglichst kompaktes Gehäuse zu bringen, wenn es auch einfacher geht, in dem man einen großen Formfaktor verwendet.
Größere Gehäuse können mehr Akkukapazität beherbergen
Die negativen Begleiterscheinungen der Phablets
Neben den Gründen für den Erfolg der Phablets gibt es aber auch eine Reihe an negativen Begleiterscheinungen, die mit der Größe der Geräte einhergehen.
Größere Akkus bedeuten auch mehr Energiebedarf
Umso größer der Akku, desto länger halten Smartphones durch. Aus physikalischen Gründen ist das bei ansonsten gleicher Architektur die Regel. Jedoch verbraucht der größere Akku auch mehr Energie. Das iPhone 13 mini hat beispielsweise einen 2.406 mAh Li-Ionen-Akku. Das 13 Pro Max hingegen kommt auf 4.352 mAh. Somit benötigt das mini 45% weniger Energie, um voll geladen zu werden. Selbst wenn man die längere Akkulaufzeit gegen rechnet, wird man bei gleicher Nutzung im Jahresdurchschnitt einiges mehr verbrauchen.
Die größeren Bildschirme bieten mehr Platz für Inhalte und somit auch Werbung
Einigen App-Entwicklern und Webdeveloper werden sich darüber freuen, dass ihre Anwendungen mehr Platz haben. Das gibt ihnen größere Spielräume beim Design. Dieser Platz kann aber auch dazu genutzt werden, um mit (größerer) Display-Werbung gefüllt zu werden. Im Jahr 2016 gab Google beispielsweise bekannt, die Werbeanzeigen von Google Ad-Words im Bereich Mobile vergrößern zu wollen.
Optimized for screen sizes of the most popular smartphones, new expanded text ads in AdWords provide more ad space so you can showcase more information about your products and services before the click.
Mit heutigen Smartphones jenseits der 6,5 Zoll haben Werbetreibende mehr Spielraum auf den Geräten als je bevor.
Die Bedienung und der Transport werden umständlicher
Ein modernes Smartphone passt für die meisten mehr schlecht als recht in die vordere Hosentasche. Behelfsmäßig nutzen einige die Gesäßtasche, um ihre Geräte zu transportieren. Dies führt unweigerlich dazu, dass wenn man sich hinsetzen möchte, das Smartphone wieder in der Hand landet. Da mit der Größe auch das Gewicht steigt, wird ein längerer Gebrauch zudem schwieriger. Eine einhändige Nutzung ist, wenn überhaupt, nur über fortgeschrittene Akrobatik des kleinen Fingers möglich.
Der kleine Finger wird bei der einhändigen Nutzung von großen Smartphones häufig zum Balancieren des Gerätes genutzt
Und wie sehen das die Hersteller?
Die freuen sich zuallererst, dass sie in der Regel einen höheren Preis für die Geräte veranschlagen können. Note, Plus, Ultra oder Pro suggerieren den Kunden schließlich Premium und Premium im Bereich der Smartphones scheint es nur noch in XXL zu geben.
Zudem wird es insbesondere für kleinere Anbieter immer schwieriger, kompakte Smartphones herzustellen. Der Auslöser hierfür ist, dass es auf dem Teilemarkt immer weniger Auswahl für kleine Gehäuse gibt. Dies ist auch ein Grund, warum beispielsweise das neue Fairphone 4, 6,3 Zoll misst, während der Vorgänger noch eine 5,65 Zoll Bildschirmdiagonale hatte.
Letztlich muss man natürlich auch sagen, dass es einfacher ist viel Technik in ein großes Gehäuse zu packen. Somit gibt es für die meisten Anbieter derzeit vermutlich wenig Anreize, kleine Smartphones zu entwickeln. Dennoch verwundert es, dass dieser Nischenmarkt (< 5,5 Zoll) derzeit nicht wirklich besetzt ist und ausgerechnet Apple hier (noch) das einzige Angebot mit dem iPhone mini bietet.
Geräte mit klappbaren Displays sind vermutlich das nächste große Ding. Hierfür kann dann wieder ein Premiumaufschlag gerechtfertigt werden. Aber handlicher macht dies die Geräte nicht unbedingt, da die Displaygröße im ausgeklappten Zustand in der Regel noch größer ist als die von vielen traditionellen Geräten.
Fazit
Phablets are here to stay. Für Freunde von kompakten Gehäusen wird es immer schwieriger im Bereich Smartphone fündig zu werden. Ob sich dieser Trend irgendwann umkehren wird, scheint derzeit unwahrscheinlich zu sein. Aber wer weiß schon, ob wir in zehn Jahren überhaupt noch Smartphones nutzen werden?
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Pyngu Digital